Teil 2
Ganz unten an der Nahrungskette der Großstädte angekommen blieb mir nichts weiter übrig als mir Hilfe bei meines Gleichen zu suchen. Mein Trip durch die dunklen Gassen zwischen Hochhäusern und Fabriken führte mich zu einem alten “Freund” von mir. Er hatte damals als Informant für die Polizei gearbeitet als ich noch im aktiven Dienst war, doch wendete er sich der Gerechtigkeit wieder ab. Ein finsterer und überaus gewiefter Geselle, der mir jedes Bild, das ich mir von ihm machen konnte, Sekunden später schon wieder zerstört hatte. Seine freundliche Ausdrucksweise passte so wenig zu einem Mann seines Geschäftes, dass mich jedes Mal ein Gefühl von Unsicherheit überkam wenn ich mit ihm sprach. Hier ging es aber um meine Freiheit und meinen mittelmäßig bis schlechten Ruf, so entschied ich mich dafür meine Grenzen zu überschreiten und ihn in seiner Domäne aufzusuchen: Die Kneipe zum tanzenden Wildschwein.
Schon als ich die Gaststätte betrat überkam mich dieses komische Gefühl einer schlechten Vorahnung, so bestelle ich nicht das “Tages-Spezial” sondern eine einfache Bockwurst mit Pommes. Selbstverständlich hätte auch die Wochensoße eine Falle sein können, weswegen ich weise wie ich bin Ketchup gewählt habe... Wem mache ich etwas vor, der Laden sah so aus wie jeder andere und es gab keinen Grund zur Besorgnis. Selbst das mit den dunklen Gassen stimmte nicht ganz. “Zum tanzenden Wildschwein” liegt am Highway und wird Tag ein Tag aus von einem Lidl-Reklameschild beleuchtet. Wenn ein Informant an so einem Ort arbeitet nimmt das dem Fall schon die Würze, das muss ich sagen. Apropos Würze, die Bockwurst dort ist sehr zu empfehlen.
Mit meinem wachsenden Gefühl der Sicherheit wurde ich auch unaufmerksamer, was dazu führte, dass ich die zu Treffende Person erst gar nicht bemerkte. Direkt vor mir stand er in seinem auffällig blauen Jackett: Yuan, mein Informant. “Du wirst gesucht”, informierte er mich mit mich verspottenden Unterton. “Ich weiß”, antwortete ich gleichgültig. “Ist der Platz hier besetzt”, fragte er und deutete auf den Stuhl neben meinem. Auf eine Antwort wartete er aber nicht, sondern setzte sich einfach hin. Was hätte ich auch sagen soll? Das Treffen mit ihm war einfach eine Notwendigkeit. “Du wolltest mich sehen?”, sagte er. “Dann kommst du wohl wirklich nicht mehr alleine weiter.” Er kannte mich gut und traf genau ins Schwarze. Diesen Sieg wollte ich ihm aber nicht gönnen. “Eigentlich habe ich es bisher noch gar nicht alleine versucht”, log ich. “Es ist gar nicht nach dir aufzugeben bevor du es überhaupt versucht hast”, bemerkte er nachdenklich. Meine Lüge war wohl ein Sprung in das Katzenklo gewesen. “Was weißt du über...”, versuchte ich die Sache hinter mich zu bringen, wurde aber sofort von Yuan unterbrochen. “Was ich über “deinen” Mord weiß? Es war kein Wiederholungstäter, so viel solltest du schon in Erfahrung gebracht haben. Über den Täter kann ich dir also nicht viel sagen... Das Opfer aber wurde schon öfters hinten im Hafenviertel gesehen”, erhielt ich meine Antwort ohne meine Frage zu Ende gebracht zu haben. “Drogenabhängige?”, zählte ich 1 und 2 zu 3 zusammen. Yuan blieb erst einmal völlig still, nickte aber dann nachdem er sich noch einmal versichert hatte, dass niemand uns zusah.
Ich bezahlte mein Essen und rief mir ein Taxi. Mein Gesicht verhüllte ich mit Hilfe meines weiten Jackenkragens und einer Sonnenbrille. Yuan war doch vertrauenswürdiger als erwartet. Er hatte mich bevor ich den Laden verließ noch darauf hingewiesen, dass ich in den Abendnachrichten gewesen wäre und ab jetzt jeder auf der Straße sich an mein Bild im Fernsehen erinnern könnte. Mir lief die Zeit davon. Während der Fahrt sah ich auf meine Uhr: Noch eine Stunde bis Neujahr. Das Gefährt stoppte, ich bezahlte und stieg aus. Der kalt Wind fuhr durch mein ausdrucksloses Gesicht und auf einen Schlag wurde mir kalt, da halfen auch die Thermounterhosen nichts. Mit jedem Schritt näherte ich mich den Docks und damit meinem ersten Anhaltspunkt. Mein Informant hatte mir LagerhausNr. 13 ans Herz gelegt. So eine passende Nummer. Wir leben in einer Welt, die sich den Idealen der Menschen anpasst. Wenn wir glauben etwas bringt Unheil sieht es auch danach aus und glaubt mir, das tat dieses Gebäude. Selbst der Regen setzte zeitnahe ein. Vorsichtig griff ich nach der Tür, offen, mein Glück war mir hold. Ich ging hinein.
Die Halle war völlig leer. Kein Anzeichen von irgendwelchen illegalen Aktivitäten, kein Anzeichen von Dealern, niemand der mir weiterhelfen könnte. Entweder hatte Yuan mich aufs Ohr gehauen oder meine Tanzpartner hatten die Stelle schneller geräumt als er es hätte erwarten können. Ich entschied mich für Variante Nummer 2, da ich ihm nichts bezahlt hatte, hatte er auch keinen Grund mich abzuziehen oder mir falsche Informationen anzudrehen. Nichts desto trotz blieb mir nun kein Ausweg mehr. Ich konnte wegrennen, na gut, aber für wie lange? Meine letzte Option: Die Angehörigen ins Kreuzverhör nehmen.
Ich zückte mein Handy und betete dafür trotz des Sturmes Empfang zu kriegen. Es klingelte. “Polizeistation, Mordkommission, Verwaltungsbüro, hier Lucas Larto, wie kann ich helfen”, fragte mich die einzige Stimme, die ich nun hören wollte. “Larto...”, fing ich an. “Leg auf.” Man hatte mich wieder einmal unterbrochen. “Wenn die dich finden bist du tot, zieh Leine.” “Du weiß, dass ich das nicht kann”, antwortete ich und wusste er würde mich verstehen. “Ich leihe dir das Geld für die Bahn”, okay, er hatte mich nicht ganz verstanden. “Leg auf.” Es klingt immer absurd wenn jemand versucht zu flüstern aber fast schreit. “Larto, ich brauche den Wohnort der Angehörigen des Opfers”, klärte ich ihn über die Beweggründe meines Anrufes auf. Er schwieg und sah tat ich es. Nach fast 10 Sekunden ohne auch nur einen Atemzug antwortete er: “Ich schicke dir eine Liste von Zeugen und Angehörigen auf dein Handy. Du hast Glück, dass ich dir deine Unschuld abkaufe. Umbringen, vielleicht, aber du bist zu tollpatschig um jemanden zu vergeh...” “Danke Larto.” Ich legte auf.
Ein paar Minuten später war alles, was ich brauchte, auf meinem Handy. So viele Namen, so wenig Zeit. Ich konnte nur einen Menschen aus dieser ganzen verfluchten Liste besuchen gehen, denn wenn ich von diesem abhauen würde wäre die Polizei mir auch schon auf den Fersen. Ich fuhr mir langsam und nachdenklich durch meinen imaginären Bart. Da traf es mich wie der Blitz. Nur ein Mensch konnte es gewesen sein. Es war so simpel. Wer sonst außer der einzige Mann mit dem selben Alter der Frau würde Sex mit ihr haben wollen? Sie war nicht sonderlich attraktiv gewesen, wie mir Bildern bei der Verhandlung gezeigt haben, so war ich mir sicher, dass es kein Außenstehender gewesen sein könnte, der auf ihren Körper aus war. Das Gericht denkt zu sehr mit dem Kopf und vergisst seine Augen leider ständig. Ihr Arbeitskollege war der Mörder, er musste es sein. Meine Nase hat mich in meinem Leben schon oft im Stich gelassen. Meine Ohren lassen mich täglich im Stich und ich habe die Aufmerksamkeitsspanne eines Goldfisches, doch meine Augen sind 1A!
Konnte ich ein weiteres Taxi riskieren? Mir blieb nichts anderes übrig. Da mein Handy sich nachdem die Blitze dann doch nicht aufhören wollten dafür entschieden hatte aufzuhören zu funktionieren musste ich mich in eine Telefonzelle schieben und mir dort eines rufen. Mit ein bisschen Verspätung kam es an und ich stieg ein. Anstatt schnell zu machen, worum ich die Fahrerin, eine Frau Namens Marissa, die nichts lieber tat als mir die volle Fahrzeit von ca. 15 Minuten von ihrem Verlobten, irgendeinen Typen, den sie einfach nur “Ihren Engel” nannte, zu erzählen, schien sie extra langsam zu machen. Irgendwie kam ich aber an und bezahlte die Dame dann auch. Ein bisschen Trinkgeld ließ ich auch springen, würde ich sterben könnte die Telefonrechnung ja sowieso noch warten. Hektisch lief ich durch die Flure und über die Treppen des Hochhauses bis ich im 15ten Stock ankam. Warum der Aufzug gerade an Neujahr außer Betrieb sein musste weiß nur Gott. Anstatt anzuklopfen trat ich wie in einem alten Film die Tür ein. Manchmal müssen sich auch zum Tode verurteilte Detektive toll fühlen. Vor mir saß er am Tisch und aß das Gebäck des Grauens, ein Baguette. Er sah mich an und lächelte. “Sie müssten doch eigentlich auf ihren Tod warten”, stellte er fest. “Sie auch”, antwortete ich schlagfertig. Wir lachten. Dann ging es schnell. Ich rannte los, nahm ihn in den Polizeigriff und hielt ihm den Mund zu. “Sie haben sie umgebracht!”, schrie ich, in der Hoffnung die Nachbarn wären zu sehr mit Feierlichkeiten beschäftigt. Der eingeschaltete Fernseher des Wohnzimmers fing mit dem Countdown zum neuen Jahr an. 30... Ich hörte Schritte im Treppenhaus. 29... “Vielleicht, vielleicht auch nicht”, spielte er mit mir. Wer auch immer dort die Treppen hoch rannte, er wollte zu mir. 28... “Ich bring sie um!” Ich verlor langsam die Kontrolle und fing an ihm zu drohen. “Ohne Beweise haben sie schon verloren.” 27... Polizisten kamen hinein und richteten ihre Waffen auf mich. “Hoch mit ihnen und lassen sie den Mann in Frieden!”, schrie ein alter Bekannter von mir. Niemand anderes als einer von Lartos Arbeitkollegen, den ich damals auf seinem Geburtstag kennen gelernt hatte, Björn Legend, treffender Name. Neben ihm jemand den ich entfernt als Sebi in Erinnerung hatte. Wahrscheinlich war er auch auf Lartos Geburtstag. Unterstützung bekamen die beiden von Verkupplungsmeister, Officer Bär. 26... “Sie müssen mir glauben, der Kerl hier hat sie umgebracht”, flehte ich sie an. Ich war verzweifelt, okay? 25... “Deine Lügen haben schon Larto dazu gebracht dir zu helfen, weswegen er nun wegen Mithilfe vors Gericht kann!”, klärte mich der sehr wütende Officer Legend auf. 24... Ich hatte also einen meiner besten Freunde mit hinein gezogen.
Ich richtete mich auf und ließ meinen verdächtigen Nummer 1 los. 23... 22... “Sie können mir also nicht glauben, huh?”, fragte ich den mir feindseligen Polizisten. 21 ... “Nein, sehen sie in den Spiegel und sagen sie mir sie könnten diesem heruntergekommenen Detektiv etwas glauben”, schoss von ihm aus ohne mit der Wimper zu zucken zurück. 20... Die beiden andere Polizisten wichen meinen Blicken aus. 19... Ich tat wie mir befohlen. Legend hatte Recht. Ich war nichts weiter als ein heruntergekommener Detektiv mit seinem zwangsgeräumten Büro neben einem Center für plastische Chirurgie, den das Glück entgültig im Stich gelassen hatte. 18... Mir fiel keine schlaue Antwort mehr ein, kein gewieftes Kommentar, nichts. 17... Der Boden sah nach einem gut Platz aus um meinen Blick zu fangen. 16... Ich kratzte mich eingeschüchtert am Kopf. 15... “So ist’s gut, bringen sie diesen Irren weg!”, hetzte der wahre Mörder. 14... Da dämmerte es mir. 13... Zwar war ich ein drittklassiger Detektiv, dessen einzige Aufgaben daraus bestanden verlorene Hunde zu finden und Ehemänner zu beschatten, doch war ich auch etwas anderes. Irre. Während die Uhr sich weiter dem neuen Jahr näherte rannte ich los und trat diesem Mistkerl von falschen Zeugen erst einmal in seine Weichteile. Unerwarteter Weise standen die Polizisten nur verdutzt da und sahen mir dabei zu. Es könnte nur Einbildung gewesen sein, doch bildete ich mir ein dass mein Liebesengel in Uniform sogar leicht lächelte und der Polizist dessen Namen ich schon wieder vergessen hatte nickte mir zu. “Wollt ihr nicht schießen?”, fragte ich sie leicht verwirrt. Sie nicht, dafür aber der wahre Mörder, welcher mir nachdem seine Weichteile aufhörte wehzutun eines mit seiner Stehlampe über zog. Ich muss nicht sagen, dass ich blutend zu Boden ging. Mit halboffenen Augen sah ich noch wie irgendwer in blau einen Krankenwagen rief. Wollten sie sich tatsächlich die Mühe machen jemanden, der sowieso in ein paar Stunden hingerichtet werden würden noch mal zusammen zu flicken? 1.. 0
Begleitet von Sirenen und knallenden Feuerwerksraketen wurde ich ins Krankenhaus gebracht. Was für ein merkwürdiges Ende für ein Geschichte das auch sein mag, als ich wieder zu mir kam erzählte mir mein persönlicher Todesengel, Frau Sunny Valentine, dass man für mich ein Alibi gefunden hätte und es daher Nachverhandlungen geben müsste. Als ich fragte wer dieses Alibi denn wäre antworteten sie mit “Yuan”, was mich zum lächeln brachte, wenn ich mir auch nicht ganz sicher wahr ob ich tatsächlich was mit ihm zusammen gemacht hatte oder nicht. Ich war an dem Abend ziemlich betrunken gewesen müsst ihr wissen. Für heute konnte ich den Fall abschließen, doch es war noch nicht vorbei!
“Warum erzählen sie mir das alles?”
“Sie sind Krankenpfleger, sich meine Geschichte anzuhören ist die beste Pflege, die ich kriegen kann.”
“... Kann ich einfach ihren Verband wechseln?”
“Ich würde bevorzugen, wenn das die Krankenschwester tun würde.”
“Sie haben nicht viele Freunde, oder?”
“Sie wären überrascht.”
Ganz unten an der Nahrungskette der Großstädte angekommen blieb mir nichts weiter übrig als mir Hilfe bei meines Gleichen zu suchen. Mein Trip durch die dunklen Gassen zwischen Hochhäusern und Fabriken führte mich zu einem alten “Freund” von mir. Er hatte damals als Informant für die Polizei gearbeitet als ich noch im aktiven Dienst war, doch wendete er sich der Gerechtigkeit wieder ab. Ein finsterer und überaus gewiefter Geselle, der mir jedes Bild, das ich mir von ihm machen konnte, Sekunden später schon wieder zerstört hatte. Seine freundliche Ausdrucksweise passte so wenig zu einem Mann seines Geschäftes, dass mich jedes Mal ein Gefühl von Unsicherheit überkam wenn ich mit ihm sprach. Hier ging es aber um meine Freiheit und meinen mittelmäßig bis schlechten Ruf, so entschied ich mich dafür meine Grenzen zu überschreiten und ihn in seiner Domäne aufzusuchen: Die Kneipe zum tanzenden Wildschwein.
Schon als ich die Gaststätte betrat überkam mich dieses komische Gefühl einer schlechten Vorahnung, so bestelle ich nicht das “Tages-Spezial” sondern eine einfache Bockwurst mit Pommes. Selbstverständlich hätte auch die Wochensoße eine Falle sein können, weswegen ich weise wie ich bin Ketchup gewählt habe... Wem mache ich etwas vor, der Laden sah so aus wie jeder andere und es gab keinen Grund zur Besorgnis. Selbst das mit den dunklen Gassen stimmte nicht ganz. “Zum tanzenden Wildschwein” liegt am Highway und wird Tag ein Tag aus von einem Lidl-Reklameschild beleuchtet. Wenn ein Informant an so einem Ort arbeitet nimmt das dem Fall schon die Würze, das muss ich sagen. Apropos Würze, die Bockwurst dort ist sehr zu empfehlen.
Mit meinem wachsenden Gefühl der Sicherheit wurde ich auch unaufmerksamer, was dazu führte, dass ich die zu Treffende Person erst gar nicht bemerkte. Direkt vor mir stand er in seinem auffällig blauen Jackett: Yuan, mein Informant. “Du wirst gesucht”, informierte er mich mit mich verspottenden Unterton. “Ich weiß”, antwortete ich gleichgültig. “Ist der Platz hier besetzt”, fragte er und deutete auf den Stuhl neben meinem. Auf eine Antwort wartete er aber nicht, sondern setzte sich einfach hin. Was hätte ich auch sagen soll? Das Treffen mit ihm war einfach eine Notwendigkeit. “Du wolltest mich sehen?”, sagte er. “Dann kommst du wohl wirklich nicht mehr alleine weiter.” Er kannte mich gut und traf genau ins Schwarze. Diesen Sieg wollte ich ihm aber nicht gönnen. “Eigentlich habe ich es bisher noch gar nicht alleine versucht”, log ich. “Es ist gar nicht nach dir aufzugeben bevor du es überhaupt versucht hast”, bemerkte er nachdenklich. Meine Lüge war wohl ein Sprung in das Katzenklo gewesen. “Was weißt du über...”, versuchte ich die Sache hinter mich zu bringen, wurde aber sofort von Yuan unterbrochen. “Was ich über “deinen” Mord weiß? Es war kein Wiederholungstäter, so viel solltest du schon in Erfahrung gebracht haben. Über den Täter kann ich dir also nicht viel sagen... Das Opfer aber wurde schon öfters hinten im Hafenviertel gesehen”, erhielt ich meine Antwort ohne meine Frage zu Ende gebracht zu haben. “Drogenabhängige?”, zählte ich 1 und 2 zu 3 zusammen. Yuan blieb erst einmal völlig still, nickte aber dann nachdem er sich noch einmal versichert hatte, dass niemand uns zusah.
Ich bezahlte mein Essen und rief mir ein Taxi. Mein Gesicht verhüllte ich mit Hilfe meines weiten Jackenkragens und einer Sonnenbrille. Yuan war doch vertrauenswürdiger als erwartet. Er hatte mich bevor ich den Laden verließ noch darauf hingewiesen, dass ich in den Abendnachrichten gewesen wäre und ab jetzt jeder auf der Straße sich an mein Bild im Fernsehen erinnern könnte. Mir lief die Zeit davon. Während der Fahrt sah ich auf meine Uhr: Noch eine Stunde bis Neujahr. Das Gefährt stoppte, ich bezahlte und stieg aus. Der kalt Wind fuhr durch mein ausdrucksloses Gesicht und auf einen Schlag wurde mir kalt, da halfen auch die Thermounterhosen nichts. Mit jedem Schritt näherte ich mich den Docks und damit meinem ersten Anhaltspunkt. Mein Informant hatte mir LagerhausNr. 13 ans Herz gelegt. So eine passende Nummer. Wir leben in einer Welt, die sich den Idealen der Menschen anpasst. Wenn wir glauben etwas bringt Unheil sieht es auch danach aus und glaubt mir, das tat dieses Gebäude. Selbst der Regen setzte zeitnahe ein. Vorsichtig griff ich nach der Tür, offen, mein Glück war mir hold. Ich ging hinein.
Die Halle war völlig leer. Kein Anzeichen von irgendwelchen illegalen Aktivitäten, kein Anzeichen von Dealern, niemand der mir weiterhelfen könnte. Entweder hatte Yuan mich aufs Ohr gehauen oder meine Tanzpartner hatten die Stelle schneller geräumt als er es hätte erwarten können. Ich entschied mich für Variante Nummer 2, da ich ihm nichts bezahlt hatte, hatte er auch keinen Grund mich abzuziehen oder mir falsche Informationen anzudrehen. Nichts desto trotz blieb mir nun kein Ausweg mehr. Ich konnte wegrennen, na gut, aber für wie lange? Meine letzte Option: Die Angehörigen ins Kreuzverhör nehmen.
Ich zückte mein Handy und betete dafür trotz des Sturmes Empfang zu kriegen. Es klingelte. “Polizeistation, Mordkommission, Verwaltungsbüro, hier Lucas Larto, wie kann ich helfen”, fragte mich die einzige Stimme, die ich nun hören wollte. “Larto...”, fing ich an. “Leg auf.” Man hatte mich wieder einmal unterbrochen. “Wenn die dich finden bist du tot, zieh Leine.” “Du weiß, dass ich das nicht kann”, antwortete ich und wusste er würde mich verstehen. “Ich leihe dir das Geld für die Bahn”, okay, er hatte mich nicht ganz verstanden. “Leg auf.” Es klingt immer absurd wenn jemand versucht zu flüstern aber fast schreit. “Larto, ich brauche den Wohnort der Angehörigen des Opfers”, klärte ich ihn über die Beweggründe meines Anrufes auf. Er schwieg und sah tat ich es. Nach fast 10 Sekunden ohne auch nur einen Atemzug antwortete er: “Ich schicke dir eine Liste von Zeugen und Angehörigen auf dein Handy. Du hast Glück, dass ich dir deine Unschuld abkaufe. Umbringen, vielleicht, aber du bist zu tollpatschig um jemanden zu vergeh...” “Danke Larto.” Ich legte auf.
Ein paar Minuten später war alles, was ich brauchte, auf meinem Handy. So viele Namen, so wenig Zeit. Ich konnte nur einen Menschen aus dieser ganzen verfluchten Liste besuchen gehen, denn wenn ich von diesem abhauen würde wäre die Polizei mir auch schon auf den Fersen. Ich fuhr mir langsam und nachdenklich durch meinen imaginären Bart. Da traf es mich wie der Blitz. Nur ein Mensch konnte es gewesen sein. Es war so simpel. Wer sonst außer der einzige Mann mit dem selben Alter der Frau würde Sex mit ihr haben wollen? Sie war nicht sonderlich attraktiv gewesen, wie mir Bildern bei der Verhandlung gezeigt haben, so war ich mir sicher, dass es kein Außenstehender gewesen sein könnte, der auf ihren Körper aus war. Das Gericht denkt zu sehr mit dem Kopf und vergisst seine Augen leider ständig. Ihr Arbeitskollege war der Mörder, er musste es sein. Meine Nase hat mich in meinem Leben schon oft im Stich gelassen. Meine Ohren lassen mich täglich im Stich und ich habe die Aufmerksamkeitsspanne eines Goldfisches, doch meine Augen sind 1A!
Konnte ich ein weiteres Taxi riskieren? Mir blieb nichts anderes übrig. Da mein Handy sich nachdem die Blitze dann doch nicht aufhören wollten dafür entschieden hatte aufzuhören zu funktionieren musste ich mich in eine Telefonzelle schieben und mir dort eines rufen. Mit ein bisschen Verspätung kam es an und ich stieg ein. Anstatt schnell zu machen, worum ich die Fahrerin, eine Frau Namens Marissa, die nichts lieber tat als mir die volle Fahrzeit von ca. 15 Minuten von ihrem Verlobten, irgendeinen Typen, den sie einfach nur “Ihren Engel” nannte, zu erzählen, schien sie extra langsam zu machen. Irgendwie kam ich aber an und bezahlte die Dame dann auch. Ein bisschen Trinkgeld ließ ich auch springen, würde ich sterben könnte die Telefonrechnung ja sowieso noch warten. Hektisch lief ich durch die Flure und über die Treppen des Hochhauses bis ich im 15ten Stock ankam. Warum der Aufzug gerade an Neujahr außer Betrieb sein musste weiß nur Gott. Anstatt anzuklopfen trat ich wie in einem alten Film die Tür ein. Manchmal müssen sich auch zum Tode verurteilte Detektive toll fühlen. Vor mir saß er am Tisch und aß das Gebäck des Grauens, ein Baguette. Er sah mich an und lächelte. “Sie müssten doch eigentlich auf ihren Tod warten”, stellte er fest. “Sie auch”, antwortete ich schlagfertig. Wir lachten. Dann ging es schnell. Ich rannte los, nahm ihn in den Polizeigriff und hielt ihm den Mund zu. “Sie haben sie umgebracht!”, schrie ich, in der Hoffnung die Nachbarn wären zu sehr mit Feierlichkeiten beschäftigt. Der eingeschaltete Fernseher des Wohnzimmers fing mit dem Countdown zum neuen Jahr an. 30... Ich hörte Schritte im Treppenhaus. 29... “Vielleicht, vielleicht auch nicht”, spielte er mit mir. Wer auch immer dort die Treppen hoch rannte, er wollte zu mir. 28... “Ich bring sie um!” Ich verlor langsam die Kontrolle und fing an ihm zu drohen. “Ohne Beweise haben sie schon verloren.” 27... Polizisten kamen hinein und richteten ihre Waffen auf mich. “Hoch mit ihnen und lassen sie den Mann in Frieden!”, schrie ein alter Bekannter von mir. Niemand anderes als einer von Lartos Arbeitkollegen, den ich damals auf seinem Geburtstag kennen gelernt hatte, Björn Legend, treffender Name. Neben ihm jemand den ich entfernt als Sebi in Erinnerung hatte. Wahrscheinlich war er auch auf Lartos Geburtstag. Unterstützung bekamen die beiden von Verkupplungsmeister, Officer Bär. 26... “Sie müssen mir glauben, der Kerl hier hat sie umgebracht”, flehte ich sie an. Ich war verzweifelt, okay? 25... “Deine Lügen haben schon Larto dazu gebracht dir zu helfen, weswegen er nun wegen Mithilfe vors Gericht kann!”, klärte mich der sehr wütende Officer Legend auf. 24... Ich hatte also einen meiner besten Freunde mit hinein gezogen.
Ich richtete mich auf und ließ meinen verdächtigen Nummer 1 los. 23... 22... “Sie können mir also nicht glauben, huh?”, fragte ich den mir feindseligen Polizisten. 21 ... “Nein, sehen sie in den Spiegel und sagen sie mir sie könnten diesem heruntergekommenen Detektiv etwas glauben”, schoss von ihm aus ohne mit der Wimper zu zucken zurück. 20... Die beiden andere Polizisten wichen meinen Blicken aus. 19... Ich tat wie mir befohlen. Legend hatte Recht. Ich war nichts weiter als ein heruntergekommener Detektiv mit seinem zwangsgeräumten Büro neben einem Center für plastische Chirurgie, den das Glück entgültig im Stich gelassen hatte. 18... Mir fiel keine schlaue Antwort mehr ein, kein gewieftes Kommentar, nichts. 17... Der Boden sah nach einem gut Platz aus um meinen Blick zu fangen. 16... Ich kratzte mich eingeschüchtert am Kopf. 15... “So ist’s gut, bringen sie diesen Irren weg!”, hetzte der wahre Mörder. 14... Da dämmerte es mir. 13... Zwar war ich ein drittklassiger Detektiv, dessen einzige Aufgaben daraus bestanden verlorene Hunde zu finden und Ehemänner zu beschatten, doch war ich auch etwas anderes. Irre. Während die Uhr sich weiter dem neuen Jahr näherte rannte ich los und trat diesem Mistkerl von falschen Zeugen erst einmal in seine Weichteile. Unerwarteter Weise standen die Polizisten nur verdutzt da und sahen mir dabei zu. Es könnte nur Einbildung gewesen sein, doch bildete ich mir ein dass mein Liebesengel in Uniform sogar leicht lächelte und der Polizist dessen Namen ich schon wieder vergessen hatte nickte mir zu. “Wollt ihr nicht schießen?”, fragte ich sie leicht verwirrt. Sie nicht, dafür aber der wahre Mörder, welcher mir nachdem seine Weichteile aufhörte wehzutun eines mit seiner Stehlampe über zog. Ich muss nicht sagen, dass ich blutend zu Boden ging. Mit halboffenen Augen sah ich noch wie irgendwer in blau einen Krankenwagen rief. Wollten sie sich tatsächlich die Mühe machen jemanden, der sowieso in ein paar Stunden hingerichtet werden würden noch mal zusammen zu flicken? 1.. 0
Begleitet von Sirenen und knallenden Feuerwerksraketen wurde ich ins Krankenhaus gebracht. Was für ein merkwürdiges Ende für ein Geschichte das auch sein mag, als ich wieder zu mir kam erzählte mir mein persönlicher Todesengel, Frau Sunny Valentine, dass man für mich ein Alibi gefunden hätte und es daher Nachverhandlungen geben müsste. Als ich fragte wer dieses Alibi denn wäre antworteten sie mit “Yuan”, was mich zum lächeln brachte, wenn ich mir auch nicht ganz sicher wahr ob ich tatsächlich was mit ihm zusammen gemacht hatte oder nicht. Ich war an dem Abend ziemlich betrunken gewesen müsst ihr wissen. Für heute konnte ich den Fall abschließen, doch es war noch nicht vorbei!
“Warum erzählen sie mir das alles?”
“Sie sind Krankenpfleger, sich meine Geschichte anzuhören ist die beste Pflege, die ich kriegen kann.”
“... Kann ich einfach ihren Verband wechseln?”
“Ich würde bevorzugen, wenn das die Krankenschwester tun würde.”
“Sie haben nicht viele Freunde, oder?”
“Sie wären überrascht.”