-Streets of The City-
Zwei Schritte nach vorne, ein Schritt zurück, Beine zusammen... zu langsam. Nochmal.
Zwei Schritte nach vorne, ein Schritt zurück, Beine zusammen... perfekt.
Beine aneinander, rechte Hand an die Hüfte, Schwung nach rechts... überragend.
Kopf leicht zur Seite lehnen, mit der linken Hand die Haare aus dem Gesicht... niedlich.
Und zum Abschluss wird gelächelt. Ein Lächeln, das das Herz erwärmt und jeden Mann in den Knien weich werden lässt.
Die Schülerin sah sich um. Ein Blick nach rechts – niemand hatte ihr zugesehen. Ein Blick nach links – ein Junger Mann beobachtete sie interessiert. War er achtzehn oder doch schon neunzehn? Und zum Abschluss wird gelächelt. Der Mann wurde rot im Gesicht und drehte sich weg. Hatte sie Zeit für solche Spielereien? Ein paar süße Worte würde sie ihm schenken, ihm ihr Herz ausschütten. War sein Bettbezug weiß wie die Unschuld? „Oder doch rot wie die liebe?“, fragte sich Nadja.
Die Schülerin seufzte. Solche Eskapaden mussten warten. Sie war eine viel beschäftigte Junge Dame. Natürlich war sie das. Nadjas Schönheit war gefragt. Nadjas Talent war gefragt. Und ihr Lächeln.
Die Schülerin, Nadja Petrov, zog sich die Kopfhörer aus den Ohren. Sie kannte das Lied auswendig. Es war die Hit-Single einer neuen Girl-Group, gerade der letzte Schreit bei Leuten wie ihr. Sie hatte die Tanzschritte bereits gelernt und perfektioniert. Sie konnte jedes Wort auswendig, besser noch als Mitglieder der Band selbst. Jedes bisschen Anerkennung, dass der Gruppe Mädchen zu teil wurde, sollte eigentlich ihr gebühren, fand Nadja. Sie war Perfektion in einer Welt voll von Amateure. Ihre Gedanken wechselten wieder zu dem jungen Mann. Wie gut er wohl war? „Oder doch ganz der Amateur?“, fragte sich Nadja.
Sie hatte sich von der Musik zu sehr ablenken lassen. Alle paar Schritte einen Fuß zurück zu setzen beschleunigte ihren Gang nicht. Aber sie musste alle Tanzschritte des Liedes beherrschen. Niemandem war es erlaubt besser zu sein als Nadja. Sie begutachtete die Menschenmenge. Wie viele davon waren zu irgendwas zu gebrauchen? Konnten sie nicht lauter reden? Sie spreizte ihre Zeigefinger und hielt sie sich an die Mundwinkel. „It's show time“, dachte sich Nadja.
Die Schülerin schob ihre Mundwinkel nach oben und näherte sich der Menschenmenge.