Olivine City: Eine Spelunke – heute
„Milan, du solltest deine Geschichte auch niederschreiben. Dein Großvater – möge er in Frieden ruhen – hat das zu seinen Zeiten auch getan, du kennst die Geschichten.“ Der Kapitän der M.S. Anne nippte an seinem Rum-Glas. Der Barmann fragte schon lange nicht mehr, sondern füllte einfach nach. Dolph und der andere Alte, seines Zeichens Kartograph des Schiffes, rauchten schweigend. Schließlich nickte Dolph und blies den blauen Dunst aus. Zeit, dass mehr als nur vier lebende Menschen seinen mittleren Namen kennen lernten.
„Ich bin Dolph Milan Eagle, 20 Jahre alt und dies ist meine Geschichte…“
Blackthorn City: Dragon’s Den – Sechs Jahre zuvor
Dolph erwachte. Sein Großvater Milan hatte ihm abends eine besonders schöne Geschichte erzählt, die er für diesen Morgen aufgespart hatte. Dolph wurde 14, und damit durfte er in die Drachenhöhle gehen. Nicht viele Jungen und Mädchen kamen wohlbehalten, geschweige denn mit einem Pokémon zurück. Für sie war es alle ein unglaublich großer Test gewesen. Für Dolph war es ein Privileg. Auch er würde schon bald in die Urtiefen und Unbekannten der Drachenhöhle hinabsteigen, nur um eine Chance zu bekommen: Der Pokéball ruhte schon auf seinem Nachttisch. Der Wecker zeigte 02:58 Uhr an.
Er hatte sich bewusst das Morgengrauen ausgesucht, weil die meisten gefährlicheren Pokémon dort zu schlafen schienen. Wie oft hatte er zu dieser Uhrzeit ein schlummerndes Georok gesehen, welches wenige Stunden später zu einer Gefahr für Unaufmerksame wurde? Er zog sich an und nahm den Pokéball in die eine und das Wüstenglas – ein Geschenk seines Großvaters – in die andere Hand. Als er nach draußen trat, sog er die noch kühle nächtliche Sommerluft ein und er öffnete die Augen. Die Stadt lag noch in dem grauen Dämmerschleier und niemand war auf. Kein Licht brannte. Er war bereit.
03:17. Er betrat die Höhle und seine Augen gewöhnten sich rasch an die zärtliche Dunkelheit. Wie es in der Höhle aussah, durfte den Heranwachsenden vorher nicht direkt vermittelt werden, denn die Prüfung sollte möglichst hart sein. Natürlich gab es Geschichten, die von den Ältesten erzählt wurden, aus denen man spärliche Informationen heraushören konnte, wenn man aufmerksam zuhörte. Und Dolph war schon immer ein aufgeweckter Junge gewesen.
Er glaubte zu wissen, dass sich in der Mitte der Höhle ein See befand. Das war der richtige Ort. Und er hatte vor, zur richtigen Zeit dort zu sein. Er setzte sich das Wüstenglas auf, denn es schützte nicht nur vor Sandstürmen, sondern auch vor Wasser. Er holte tief Luft und tauchte ein.
Durch die fließenden Bewegungen des Wassers und die Gläser des Wüstenglases verschwammen die Konturen vor seinen Augen, als er in eine andere Welt eintauchte. Er suchte den Boden des Sees am Rande ab, aber er fand nicht das, was er suchte. Wieder und wieder holte er Luft und versuchte er es erneut. Es war auf Dauer ermüdend. Schließlich schwamm er zu einer einsamen kleinen Insel und legte eine kleine Verschnaufpause ein, da erfüllte das Knurren seines Magens die Höhle. Er biss sich auf die Lippen. Mann, war das laut…
Ein Blick auf seine Uhr verriet ihm, dass es an die fünf Uhr war. Oder war sie bereits stehengeblieben, nachdem sie mit dem Wasser in Berührung gekommen war? Dolph vermochte es nicht zu sagen, aber seine Zeit war begrenzt, also wagte er sich um die kleine Insel herum immer tiefer in den See hinein, dass seine Lungen bereits schmerzten. Mehrfach sah er Gegenstände auf dem Boden des Sees, doch es war immer ein falscher Alarm.
Da! jubilierte er innerlich, als seine Hand nicht wieder einen Stein sondern das Objekt seiner Begierde umschloss: Einen Drachenzahn! In der Gegend musste es also ein Dratini geben! Kaum, dass er den Gedanken zuende gedacht hatte, wirbelte der Seeboden hinter ihm auf, doch dank der Wüstengläser konnte er einen Schatten inmitten des Staubes aus Sand ausmachen. Als der Schatten auf ihn zuschoss und sich um ihn wandt, trat er sich von dem Boden nach oben und durchbrach die Wasseroberfläche wenig später. Er zog gierig Luft ein, doch das Wesen hatte ihn noch immer umklammert und er konnte kaum atmen. Seine Finger fanden den Pokéball in seiner linken Hosentasche und er warf ihn unbeholfen einen halben Meter in die Luft. Der Ball tickte genau auf den Kopf des Wesens auf und fiel ins Wasser. Die Sekunden vergingen und kamen Dolph wie Stunden vor, als er auf den Pokéball starrte, der ihm seichten Wasser vor der kleinen Insel lag. Das Licht erlosch.
Erleichtert ließ er sich fallen und wartete einige Momente im seichten Wasser, bis sein Herzschlag und Atemrhythmus sich wieder stabilisiert hatten. Dann machte er sich auf den Weg aus der Höhle hinaus, mit dem Drachenzahn, seinem Wüstenglas und einem kleinen Dratini. Als er aus der Höhle trat, lugte die Sonne gerade über die Berge, also musste es kurz nach sechs sein. Seine Uhr stand noch immer auf kurz vor fünf. Er roch den Tee, den sein Großvater aufkochte, lange, bevor er das Haus betrat. Und sein Großvater sah ihm entgegen, lange bevor er das Haus betrat. Er begutachtete den Pokéball, kniete sich zu Dolph und umarmte ihn. „Ich bin so stolz auf dich. Nun komm herein und erhol‘ dich!“ Es war der schönste Tag in Dolphs Leben.
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 12.11.2012, 22:28 von Lin. )
„Milan, du solltest deine Geschichte auch niederschreiben. Dein Großvater – möge er in Frieden ruhen – hat das zu seinen Zeiten auch getan, du kennst die Geschichten.“ Der Kapitän der M.S. Anne nippte an seinem Rum-Glas. Der Barmann fragte schon lange nicht mehr, sondern füllte einfach nach. Dolph und der andere Alte, seines Zeichens Kartograph des Schiffes, rauchten schweigend. Schließlich nickte Dolph und blies den blauen Dunst aus. Zeit, dass mehr als nur vier lebende Menschen seinen mittleren Namen kennen lernten.
„Ich bin Dolph Milan Eagle, 20 Jahre alt und dies ist meine Geschichte…“
Blackthorn City: Dragon’s Den – Sechs Jahre zuvor
Dolph erwachte. Sein Großvater Milan hatte ihm abends eine besonders schöne Geschichte erzählt, die er für diesen Morgen aufgespart hatte. Dolph wurde 14, und damit durfte er in die Drachenhöhle gehen. Nicht viele Jungen und Mädchen kamen wohlbehalten, geschweige denn mit einem Pokémon zurück. Für sie war es alle ein unglaublich großer Test gewesen. Für Dolph war es ein Privileg. Auch er würde schon bald in die Urtiefen und Unbekannten der Drachenhöhle hinabsteigen, nur um eine Chance zu bekommen: Der Pokéball ruhte schon auf seinem Nachttisch. Der Wecker zeigte 02:58 Uhr an.
Er hatte sich bewusst das Morgengrauen ausgesucht, weil die meisten gefährlicheren Pokémon dort zu schlafen schienen. Wie oft hatte er zu dieser Uhrzeit ein schlummerndes Georok gesehen, welches wenige Stunden später zu einer Gefahr für Unaufmerksame wurde? Er zog sich an und nahm den Pokéball in die eine und das Wüstenglas – ein Geschenk seines Großvaters – in die andere Hand. Als er nach draußen trat, sog er die noch kühle nächtliche Sommerluft ein und er öffnete die Augen. Die Stadt lag noch in dem grauen Dämmerschleier und niemand war auf. Kein Licht brannte. Er war bereit.
03:17. Er betrat die Höhle und seine Augen gewöhnten sich rasch an die zärtliche Dunkelheit. Wie es in der Höhle aussah, durfte den Heranwachsenden vorher nicht direkt vermittelt werden, denn die Prüfung sollte möglichst hart sein. Natürlich gab es Geschichten, die von den Ältesten erzählt wurden, aus denen man spärliche Informationen heraushören konnte, wenn man aufmerksam zuhörte. Und Dolph war schon immer ein aufgeweckter Junge gewesen.
Er glaubte zu wissen, dass sich in der Mitte der Höhle ein See befand. Das war der richtige Ort. Und er hatte vor, zur richtigen Zeit dort zu sein. Er setzte sich das Wüstenglas auf, denn es schützte nicht nur vor Sandstürmen, sondern auch vor Wasser. Er holte tief Luft und tauchte ein.
Durch die fließenden Bewegungen des Wassers und die Gläser des Wüstenglases verschwammen die Konturen vor seinen Augen, als er in eine andere Welt eintauchte. Er suchte den Boden des Sees am Rande ab, aber er fand nicht das, was er suchte. Wieder und wieder holte er Luft und versuchte er es erneut. Es war auf Dauer ermüdend. Schließlich schwamm er zu einer einsamen kleinen Insel und legte eine kleine Verschnaufpause ein, da erfüllte das Knurren seines Magens die Höhle. Er biss sich auf die Lippen. Mann, war das laut…
Ein Blick auf seine Uhr verriet ihm, dass es an die fünf Uhr war. Oder war sie bereits stehengeblieben, nachdem sie mit dem Wasser in Berührung gekommen war? Dolph vermochte es nicht zu sagen, aber seine Zeit war begrenzt, also wagte er sich um die kleine Insel herum immer tiefer in den See hinein, dass seine Lungen bereits schmerzten. Mehrfach sah er Gegenstände auf dem Boden des Sees, doch es war immer ein falscher Alarm.
Da! jubilierte er innerlich, als seine Hand nicht wieder einen Stein sondern das Objekt seiner Begierde umschloss: Einen Drachenzahn! In der Gegend musste es also ein Dratini geben! Kaum, dass er den Gedanken zuende gedacht hatte, wirbelte der Seeboden hinter ihm auf, doch dank der Wüstengläser konnte er einen Schatten inmitten des Staubes aus Sand ausmachen. Als der Schatten auf ihn zuschoss und sich um ihn wandt, trat er sich von dem Boden nach oben und durchbrach die Wasseroberfläche wenig später. Er zog gierig Luft ein, doch das Wesen hatte ihn noch immer umklammert und er konnte kaum atmen. Seine Finger fanden den Pokéball in seiner linken Hosentasche und er warf ihn unbeholfen einen halben Meter in die Luft. Der Ball tickte genau auf den Kopf des Wesens auf und fiel ins Wasser. Die Sekunden vergingen und kamen Dolph wie Stunden vor, als er auf den Pokéball starrte, der ihm seichten Wasser vor der kleinen Insel lag. Das Licht erlosch.
Erleichtert ließ er sich fallen und wartete einige Momente im seichten Wasser, bis sein Herzschlag und Atemrhythmus sich wieder stabilisiert hatten. Dann machte er sich auf den Weg aus der Höhle hinaus, mit dem Drachenzahn, seinem Wüstenglas und einem kleinen Dratini. Als er aus der Höhle trat, lugte die Sonne gerade über die Berge, also musste es kurz nach sechs sein. Seine Uhr stand noch immer auf kurz vor fünf. Er roch den Tee, den sein Großvater aufkochte, lange, bevor er das Haus betrat. Und sein Großvater sah ihm entgegen, lange bevor er das Haus betrat. Er begutachtete den Pokéball, kniete sich zu Dolph und umarmte ihn. „Ich bin so stolz auf dich. Nun komm herein und erhol‘ dich!“ Es war der schönste Tag in Dolphs Leben.