-chaos mundus-
Ein Jahr später an einer Klippe die hoch über das unendlich wirkende Meer ragte. Ein natürlicher Weg führte von dieser zu einem Strand aus purem weißen Sand hinab. Sasha und Inis hatten sich hier vor einer Stunde niedergelassen. So sehr ihre Rüstung die Vampirin jedoch auch vor Sonnenschein und Regen schützte, schwimmen konnte sie damit nicht, so blieb ihr nichts anderes übrig, als am Strand zu sitzen und sich daran zu erfreuen, Inis zuzusehen, als diese sich im Wasser vergnügte. Dies störte sie jedoch nicht. Das kleine Mädchen glücklich zu sehen war alles, das Sasha brauchte, um selbst glücklich zu sein.
„Hey Sasha, schau was ich gefunden habe!“
Plötzlich rannte Inis aus dem Wasser auf sie zu und schien etwas in Händen zu halten. Sie ging vor Sasha in die Knie und hielt ihr ihre offenen Hände entgegen. In diesen saß eine große Krabbe.
„Ach wie süß. Pass nur auf, dass sie dich nicht kneift.“ warnte Sasha, als sie die Krabbe mit interessierten Augen musterte.
„Das würde Mr. Krabbe niemals tun.“ erwiderte Inis darauf hin und drückte das Tier an ihr durchnässtes Kleid.
„Und pass auch auf, dass du ihn nicht zerquetscht...“
Die beiden lachten kurz und ließen die Krabbe dann wieder ihre Wege ziehen. Glücklich legte sich das Menschenmädchen an die Seite ihrer Freundin.
„Es ist wunderschön hier.“ sagte sie.
Auf diese Worte hin sah Sasha in die Sonne empor. Ja, es war wirklich wunderschön hier. Sie bemitleidete alle Vampire, die die Sonne nicht ertrugen und niemals einen solch schönen Tag genießen könnten. Sie legte ihre Arme um Inis und strich ihr durch ihr nasses Haar. Dieser Ort war wirklich wie aus einem Bilderbuch, völlig unberührt und natürlich…
Zu schön, um wahr zu sein… Ein Moment, der ewig hätte dauern sollen, wurde doch abrupt beendet. Plötzlich stoppte Sasha ihre Streicheleinheiten und hielt inne. Sie hatte etwas gespürt. Etwas, das ihr nicht gefiel.
„Stimmt etwas nicht?“
Inis erkannte die Unruhe ihrer Freundin sofort.
„Wir müssen hier so schnell wie möglich weg.“ erwiderte diese, sprang auf und schüttelte schnell den Sand von sich, bevor sie Inis am Arm packte und in die Richtung des Weges zog, den sie zuvor herab gekommen waren, um den Strand zu besuchen. Auf ihrem Weg dorthin wurde ihnen jedoch der Boden unter den Füßen weggezogen, als plötzlich ein gewaltiges Erdbeben losbrach.
„W-was passiert hier!?!“
Sasha ignorierte den Ausruf des jungen Mädchens und stand sofort wieder auf den Beinen. Sie schnappte Inis und warf sie sich über Schulter, um schnell weiterrennen zu können, doch war es schon zu spät. Ein gewaltiger Spalt zog sich vom Meer aus über die Klippen empor und schnitt ihnen den Weg ab.
„Verdammt!!“
Sasha sah sich nach einem anderen Weg um, konnte jedoch keinen finden. Sie waren gefangen auf dem weißen Strand. Hinter ihnen das weite Meer, vor ihnen eine unüberwindbare Klippe, die sie unmöglich erklimmen konnten und drohte, jeden Moment über ihnen einzubrechen und sie zu begraben.
„Wir sind geliefert, wenn dieses Erdbeben nicht gleich aufhört!“ brüllte Sasha und blickte die Klippe empor. Sie zu erklimmen, schien der einzige vergebliche Ausweg zu sein. „Halt dich an mir fest, Inis!“
Sie ließ das junge Mädchen los, so dass sie ihre beiden Hände frei hatte. Inis kletterte auf ihren Rücken und hielt sich so gut fest, wie sie konnte. Von diesem Moment an gab es keine Zeit zu verlieren. Sasha begann die Klippe hinauf zu klettern, immernoch durchgeschüttelt von dem anhaltenden Beben. Es erschien unmöglich und es war unmöglich. Nur wenige Meter hinter sich gelegt verlor Sasha ihren Halt und die beiden stürzten zurück in Richtung Strand.
Als sie wieder zu sich kamen, befanden sich die beiden in meiner Obhut. Etwas abseits der Klippen auf dem Festland, geschützt unter meinen Schwingen. Die Erde bebte unentwegt unter meinen Klauen. Dieses Erdbeben hielt nun bereits eine Viertelstunde an. Das war nicht normal.
„Sssaaaaa… Seit ihr endlich aufgewacht?!“
Sasha sah sie sich kurz um, umarmte Inis und sah zu mir auf.
„Hast du uns gerettet, Drache?“
Ich nickte meinen großen Kopf und deutete dann mit meiner Klaue gen Himmel. Schwarze und rote Wolken waren aufgezogen, lila Blitze stachen zur Erde hinab, tiefe Risse zogen sich durch das Land und heißes Magma stieg aus dem Erdinneren durch diese empor, nur um das Chaos, dass über die Welt herein zu brechen schien noch zu unterstreichen.
„Was passiert hier?“ fragte Inis ihre zuvor ignorierte Frage erneut, dieses Mal jedoch ruhig, und geklammerte sich an Sasha.
„Ssssaaaaaa… Der Untergang… Ich weiß nicht, wieso ich mir die Mühe gemacht habe, euch zu retten, denn wir werden alle hier sterben.“
Mein pessimistischer Ausspruch schien Sasha überhaupt nicht zu gefallen.
„Schuppenhirn, was meinst du mit sterben? Was meinst du mit Untergang!?“
Sie brüllte mich an, völlig verzweifelt von dem, was offensichtlich die Wahrheit war. Dann, bevor ich ihr antworten konnte, ertönte plötzlich ein hohles Brüllen aus der Ferne.
„Ssaaa… es scheint man wird uns nicht in Ruhe sterben lassen.“ kam es depressiv über meine Lippen, als ich meinen Kopf in die Richtung des Brüllens richtete. Dort lauerte unsagbares Grauen.
„Ssaaa… seht ihr sie, die Boten der Hölle? Unser Ende kommt auf knochigen Schwingen!“
Aus den Augenwinkeln betrachtete ich, wie Sasha ihren Blick auch ihnen zu wandte. Es waren Drachen, zweierlei, doch nur ein Schatten derer selbst, aufgestiegen von den Tiefen der Hölle. Knochen, Gerippe und zerrissenes Leder. Darauf aus, uns deren Schicksal teilen zu lassen.
„Wie kann es so etwas geben?“ fragte Sasha mich, doch die Antwort fiel mir schwer.
„Drachen sind magische Wesen, auch nach deren Tod. Wenn die Welt im Chaos versinkt, sei es in blutigen Kriegen oder ausweglosen Situationen wie der unseren, so erheben sie sich von den Toten, um all dem ein Ende zu machen. Sie werden nicht stoppen, bis wieder Ruhe eingekehrt ist.“
„Dann… müssen wir sie zu deren Ruhe zwingen!“
Sasha erhob sich und trat an mir vorbei. Die Skelette landeten nicht weit entfernt von uns und brüllten erneut hohl. Ich knurrte die Vampirin an, doch achtete sie nicht mehr auf mich. Sie hatte es sich in den Kopf gesetzt, es mit den Boten der Hölle aufzunehmen und näherte sich diesen.
„Du lässt sie doch nicht alleine gehen, oder?“
Inis, die unter meinem Flügel zurückgeblieben war, sprach mich an. Ich blickte zwischen ihr, Sasha und den Skeletten hin und her. Ich hatte Angst, doch dieses kleine Menschenmädchen… nicht. Sie schien sich mehr Sorgen um ihren Partner zu machen, als alles andere. Könnte sie kämpfen, sie wäre sicherlich schon lange an ihrer Seite. Ich biss meine Fänge zusammen.
„Sssaaaaa… Steig auf meinen Rücken, Kleine!“ befahl ich ihr dann.
„Was?“
„Wir werden diese Knochen aufmischen! Zusammen!“
Schneller, als ich es ihr zugetraut hatte, war sie nach diesen Worten über meinen massiven Körper auf meinen Rücken gestiegen. Ich wartete noch einen Moment, bis sie Halt gefunden hatte, bevor ich mit meinen Schwingen zu schlagen begann und laut brüllend abhob.
„Sa... Auf! Auf in den letzten Kampf dieser Welt!“
Sekunden später hatten wir Sasha bereits eingeholt und schossen sogleich über sie weg. Ich war mir sicher, dabei ein Grinsen auf ihren Lippen ausfindig gemacht zu haben.
„Halt dich gut fest, Menschenkind!“ brüllte ich laut, als ich mit voller Wucht in einen der Knochendrachen hinein krachte und ihn über den Boden schleifend von seinem Partner trennte. Dieser blickte uns nur kurz hinterher, bevor er sich Sasha zuwandte, welche zu ihm empor sprang und mit ihrer Faust, gehüllt im roten, magischen Licht ihrer Rüstung, gegen dessen Schädel schlug und ihn zu Boden brachte.
Ich konnte mich nicht um ihren Kampf kümmern. Ich hatte den meinen. Ich hielt den Drachen mit einer meiner Klauen zu Boden und überflutete ihn mit Massen an Feuer und Schwefel aus meinem Rachen. Seine Knochen angesengt schlug das Monster mit seinen Schwingen und schaffte es aus meinem Griff zu entkommen, stieß sich vom Boden ab und schoss hoch in die Luft. Ich ließ keine Zeit verstreichen bevor ich ihm folgte. Als er mich bemerkte, begann er mir schwarzes, verfluchtes Feuer entgegen zu speien. Nicht erwartend, dass die Skelette noch Feuer in deren Rachen trugen, wich ich ihm gerade noch aus.
„Seine Flügel, verbrenn seine Flügel!“
Die Worte des Mädchens auf meinem Rücken drangen an meine Ohren. Ihr Plan war klar. Ohne Flügel konnte auch ein Knochendrache nicht fliegen. Ich nahm erneut die Verfolgung auf und schoss dabei Bälle aus Flammen meinem Gegner hinterher. Dieser war nicht weniger geübt im Ausweichen als ich, doch da er sich um meine Feuerbälle kümmern musste, konnte er keinen Gegenangriff und ich ihn wieder einholen. Ich streckte meine Klauen nach ihm aus und packte ihn schließlich an seinem knochigen Schweif. Ein armseliges Fauchen entkam dem Untier, als es die Berührung bemerkte, doch war es zu spät. Bereits war ich dabei seine Schwingen in Flammen zu hüllen und sofort spürte ich, wie das Gewicht in meiner Klaue schwerer wurde. Ich entschied mich, meinen Gegner nicht fallen zu lassen. Ich brüllte laut, konzentrierte all meine Kraft in meine Klauen, packte ihn und warf ihn mit alle Kraft zurück in Richtung Erde, nicht ohne ihm einen Schwall Feuer hinterher zu speien.
Sasha nahm ihren Gegner derweilen auf ihre eigene Art auseinander, in einem recht sprichwörtlichen Sinne. Jeder ihrer Schläge und Tritte schlug gezielt einen Knochen aus dem Gerippe ihres Gegners, welcher seine Lufthoheit nicht auszunutzen schien. Womöglich war es ihm unmöglich Feuer zu speien, so dass er keinen Sinn darin fand, einen flugunfähigen Gegner die Chance zu geben, sich auszuruhen. Der Kampf zwischen den beiden endete jedenfalls abrupt, als unweit der beiden mein Gegner in den Boden schlug und ich mich in einem Überraschungsangriff auch Sasha Gegner entledigen konnte.
„Das Magma wird den Rest übernehmen.“ erklärte ich, nachdem ich die beiden Skelette in die nun überall austretende Erdflüssigkeit geschleudert hatte. „Ssaaa… Nur ändert das nichts an unserer Situation.“
„Kannst du endlich aufhören so pessimistisch zu sein!“
Inis, immernoch auf meinem Rücken, schlug ihre Faust gegen meinen Hals.
„Es gibt immer einen Weg, immer!“
Ich schnaubte und sah zu Sasha hinab, welche sich nun an meinen Körper lehnte. Sie hatte ihre Augen geschlossen und schien nachzudenken.
„D-Drache, was ist das da drüben?“
Inis war plötzlich an meinem Hals empor auf meinen Kopf geklettert und deutete in eine bestimmte Richtung an den Himmel. Ich erwartete, mehr Knochendrachen zu erblicken, doch was ich sah war vielleicht noch erschreckender. Risse, nicht die, wie sie sich durch den Erdboden zogen und Magma ausstießen, nein. Am Himmel öffneten sich unzählige große schwarze Risse. Auch Sasha sprang schließlich auf meinen Rücken, um diese besser sehen zu können.
„Flieg uns dort hin!“ befahl Sasha.
„Ssaaaa… Zu den Rissen? Aber…“
„Es ist die einzige Möglichkeit, die wir noch haben!“ warf Inis volle Vertrauen in Sasha ein.
Diese beiden Mädchen brachten mich noch um den Verstand... Sie waren so positiv eingestellt, so… ach, was solls. Ich spreizte meine Flügel. Den beiden zu wiedersprechen stand außer Frage, denn sie hatten Recht. Egal was diese Risse zu bedeuten hatten, das Schlimmste was sie für uns bedeuten konnten, war ein anderer Weg in unseren vorzeitigen Tod. Ich hob ab und flog dem Chaos entgegen bis ich plötzlich die Anwesenheit anderer spürte.
„Ssaaaa… Verdammt, wir haben Besuch.“
Fünf weitere lebende Gerippe waren hinter uns am Horizont aufgetaucht und holten schnell auf. Unter diesen Umständen würden wir nie unser Ziel erreichen. Ich stoppte und wandte mich den neuen Gegnern zu.
„Ssssaaaaaaaa… Warum mache ich sowas bloß?“ fauchte ich genervt und ließ dabei die beiden Mädchen an meinem Rücken im Ungewissen darüber, was ich meinte, und warum ich plötzlich gestoppt hatte.
„Flieg weiter!“ „Komm, Schuppenschädel!“
„Nein, es nicht genug Zeit. Ihr müsst ohne mich gehen.“
„Was für ein doofer Spruch ist das?!“ brüllte Inis und schlug mir auf den Rücken. Ich konnte es ihr nicht verdenken. Was ich vorhatte war dumm, jedoch…
„Es tut mir Leid… Ssaaa… und viel Glück.“
Ich pflückte die beiden mit meinen Klauen von meinem Rücken und fokussierte erneut all meine Kraft in meinen Vorderbeinen. Ohne länger zu zögern warf ich die beiden in die Richtung der entfernten Risse, hoffend, dass sie durch diese einen Ort erreichten, an dem sie dem Chaos entrinnen konnten. Für mich war dies keine Möglichkeit mehr. Die Gerippe hatten mich eingeholt.
Ich hatte nicht genug Kraft um sie alle zu bezwingen, so schloss ich meine Augen.
„Vleerdens, ich verstehe endlich, was du meintest. Ssaaa… Blind dem Ende entgegen zu blicken macht es viel erträglicher…“
Ein Jahr später an einer Klippe die hoch über das unendlich wirkende Meer ragte. Ein natürlicher Weg führte von dieser zu einem Strand aus purem weißen Sand hinab. Sasha und Inis hatten sich hier vor einer Stunde niedergelassen. So sehr ihre Rüstung die Vampirin jedoch auch vor Sonnenschein und Regen schützte, schwimmen konnte sie damit nicht, so blieb ihr nichts anderes übrig, als am Strand zu sitzen und sich daran zu erfreuen, Inis zuzusehen, als diese sich im Wasser vergnügte. Dies störte sie jedoch nicht. Das kleine Mädchen glücklich zu sehen war alles, das Sasha brauchte, um selbst glücklich zu sein.
„Hey Sasha, schau was ich gefunden habe!“
Plötzlich rannte Inis aus dem Wasser auf sie zu und schien etwas in Händen zu halten. Sie ging vor Sasha in die Knie und hielt ihr ihre offenen Hände entgegen. In diesen saß eine große Krabbe.
„Ach wie süß. Pass nur auf, dass sie dich nicht kneift.“ warnte Sasha, als sie die Krabbe mit interessierten Augen musterte.
„Das würde Mr. Krabbe niemals tun.“ erwiderte Inis darauf hin und drückte das Tier an ihr durchnässtes Kleid.
„Und pass auch auf, dass du ihn nicht zerquetscht...“
Die beiden lachten kurz und ließen die Krabbe dann wieder ihre Wege ziehen. Glücklich legte sich das Menschenmädchen an die Seite ihrer Freundin.
„Es ist wunderschön hier.“ sagte sie.
Auf diese Worte hin sah Sasha in die Sonne empor. Ja, es war wirklich wunderschön hier. Sie bemitleidete alle Vampire, die die Sonne nicht ertrugen und niemals einen solch schönen Tag genießen könnten. Sie legte ihre Arme um Inis und strich ihr durch ihr nasses Haar. Dieser Ort war wirklich wie aus einem Bilderbuch, völlig unberührt und natürlich…
Zu schön, um wahr zu sein… Ein Moment, der ewig hätte dauern sollen, wurde doch abrupt beendet. Plötzlich stoppte Sasha ihre Streicheleinheiten und hielt inne. Sie hatte etwas gespürt. Etwas, das ihr nicht gefiel.
„Stimmt etwas nicht?“
Inis erkannte die Unruhe ihrer Freundin sofort.
„Wir müssen hier so schnell wie möglich weg.“ erwiderte diese, sprang auf und schüttelte schnell den Sand von sich, bevor sie Inis am Arm packte und in die Richtung des Weges zog, den sie zuvor herab gekommen waren, um den Strand zu besuchen. Auf ihrem Weg dorthin wurde ihnen jedoch der Boden unter den Füßen weggezogen, als plötzlich ein gewaltiges Erdbeben losbrach.
„W-was passiert hier!?!“
Sasha ignorierte den Ausruf des jungen Mädchens und stand sofort wieder auf den Beinen. Sie schnappte Inis und warf sie sich über Schulter, um schnell weiterrennen zu können, doch war es schon zu spät. Ein gewaltiger Spalt zog sich vom Meer aus über die Klippen empor und schnitt ihnen den Weg ab.
„Verdammt!!“
Sasha sah sich nach einem anderen Weg um, konnte jedoch keinen finden. Sie waren gefangen auf dem weißen Strand. Hinter ihnen das weite Meer, vor ihnen eine unüberwindbare Klippe, die sie unmöglich erklimmen konnten und drohte, jeden Moment über ihnen einzubrechen und sie zu begraben.
„Wir sind geliefert, wenn dieses Erdbeben nicht gleich aufhört!“ brüllte Sasha und blickte die Klippe empor. Sie zu erklimmen, schien der einzige vergebliche Ausweg zu sein. „Halt dich an mir fest, Inis!“
Sie ließ das junge Mädchen los, so dass sie ihre beiden Hände frei hatte. Inis kletterte auf ihren Rücken und hielt sich so gut fest, wie sie konnte. Von diesem Moment an gab es keine Zeit zu verlieren. Sasha begann die Klippe hinauf zu klettern, immernoch durchgeschüttelt von dem anhaltenden Beben. Es erschien unmöglich und es war unmöglich. Nur wenige Meter hinter sich gelegt verlor Sasha ihren Halt und die beiden stürzten zurück in Richtung Strand.
Als sie wieder zu sich kamen, befanden sich die beiden in meiner Obhut. Etwas abseits der Klippen auf dem Festland, geschützt unter meinen Schwingen. Die Erde bebte unentwegt unter meinen Klauen. Dieses Erdbeben hielt nun bereits eine Viertelstunde an. Das war nicht normal.
„Sssaaaaa… Seit ihr endlich aufgewacht?!“
Sasha sah sie sich kurz um, umarmte Inis und sah zu mir auf.
„Hast du uns gerettet, Drache?“
Ich nickte meinen großen Kopf und deutete dann mit meiner Klaue gen Himmel. Schwarze und rote Wolken waren aufgezogen, lila Blitze stachen zur Erde hinab, tiefe Risse zogen sich durch das Land und heißes Magma stieg aus dem Erdinneren durch diese empor, nur um das Chaos, dass über die Welt herein zu brechen schien noch zu unterstreichen.
„Was passiert hier?“ fragte Inis ihre zuvor ignorierte Frage erneut, dieses Mal jedoch ruhig, und geklammerte sich an Sasha.
„Ssssaaaaaa… Der Untergang… Ich weiß nicht, wieso ich mir die Mühe gemacht habe, euch zu retten, denn wir werden alle hier sterben.“
Mein pessimistischer Ausspruch schien Sasha überhaupt nicht zu gefallen.
„Schuppenhirn, was meinst du mit sterben? Was meinst du mit Untergang!?“
Sie brüllte mich an, völlig verzweifelt von dem, was offensichtlich die Wahrheit war. Dann, bevor ich ihr antworten konnte, ertönte plötzlich ein hohles Brüllen aus der Ferne.
„Ssaaa… es scheint man wird uns nicht in Ruhe sterben lassen.“ kam es depressiv über meine Lippen, als ich meinen Kopf in die Richtung des Brüllens richtete. Dort lauerte unsagbares Grauen.
„Ssaaa… seht ihr sie, die Boten der Hölle? Unser Ende kommt auf knochigen Schwingen!“
Aus den Augenwinkeln betrachtete ich, wie Sasha ihren Blick auch ihnen zu wandte. Es waren Drachen, zweierlei, doch nur ein Schatten derer selbst, aufgestiegen von den Tiefen der Hölle. Knochen, Gerippe und zerrissenes Leder. Darauf aus, uns deren Schicksal teilen zu lassen.
„Wie kann es so etwas geben?“ fragte Sasha mich, doch die Antwort fiel mir schwer.
„Drachen sind magische Wesen, auch nach deren Tod. Wenn die Welt im Chaos versinkt, sei es in blutigen Kriegen oder ausweglosen Situationen wie der unseren, so erheben sie sich von den Toten, um all dem ein Ende zu machen. Sie werden nicht stoppen, bis wieder Ruhe eingekehrt ist.“
„Dann… müssen wir sie zu deren Ruhe zwingen!“
Sasha erhob sich und trat an mir vorbei. Die Skelette landeten nicht weit entfernt von uns und brüllten erneut hohl. Ich knurrte die Vampirin an, doch achtete sie nicht mehr auf mich. Sie hatte es sich in den Kopf gesetzt, es mit den Boten der Hölle aufzunehmen und näherte sich diesen.
„Du lässt sie doch nicht alleine gehen, oder?“
Inis, die unter meinem Flügel zurückgeblieben war, sprach mich an. Ich blickte zwischen ihr, Sasha und den Skeletten hin und her. Ich hatte Angst, doch dieses kleine Menschenmädchen… nicht. Sie schien sich mehr Sorgen um ihren Partner zu machen, als alles andere. Könnte sie kämpfen, sie wäre sicherlich schon lange an ihrer Seite. Ich biss meine Fänge zusammen.
„Sssaaaaa… Steig auf meinen Rücken, Kleine!“ befahl ich ihr dann.
„Was?“
„Wir werden diese Knochen aufmischen! Zusammen!“
Schneller, als ich es ihr zugetraut hatte, war sie nach diesen Worten über meinen massiven Körper auf meinen Rücken gestiegen. Ich wartete noch einen Moment, bis sie Halt gefunden hatte, bevor ich mit meinen Schwingen zu schlagen begann und laut brüllend abhob.
„Sa... Auf! Auf in den letzten Kampf dieser Welt!“
Sekunden später hatten wir Sasha bereits eingeholt und schossen sogleich über sie weg. Ich war mir sicher, dabei ein Grinsen auf ihren Lippen ausfindig gemacht zu haben.
„Halt dich gut fest, Menschenkind!“ brüllte ich laut, als ich mit voller Wucht in einen der Knochendrachen hinein krachte und ihn über den Boden schleifend von seinem Partner trennte. Dieser blickte uns nur kurz hinterher, bevor er sich Sasha zuwandte, welche zu ihm empor sprang und mit ihrer Faust, gehüllt im roten, magischen Licht ihrer Rüstung, gegen dessen Schädel schlug und ihn zu Boden brachte.
Ich konnte mich nicht um ihren Kampf kümmern. Ich hatte den meinen. Ich hielt den Drachen mit einer meiner Klauen zu Boden und überflutete ihn mit Massen an Feuer und Schwefel aus meinem Rachen. Seine Knochen angesengt schlug das Monster mit seinen Schwingen und schaffte es aus meinem Griff zu entkommen, stieß sich vom Boden ab und schoss hoch in die Luft. Ich ließ keine Zeit verstreichen bevor ich ihm folgte. Als er mich bemerkte, begann er mir schwarzes, verfluchtes Feuer entgegen zu speien. Nicht erwartend, dass die Skelette noch Feuer in deren Rachen trugen, wich ich ihm gerade noch aus.
„Seine Flügel, verbrenn seine Flügel!“
Die Worte des Mädchens auf meinem Rücken drangen an meine Ohren. Ihr Plan war klar. Ohne Flügel konnte auch ein Knochendrache nicht fliegen. Ich nahm erneut die Verfolgung auf und schoss dabei Bälle aus Flammen meinem Gegner hinterher. Dieser war nicht weniger geübt im Ausweichen als ich, doch da er sich um meine Feuerbälle kümmern musste, konnte er keinen Gegenangriff und ich ihn wieder einholen. Ich streckte meine Klauen nach ihm aus und packte ihn schließlich an seinem knochigen Schweif. Ein armseliges Fauchen entkam dem Untier, als es die Berührung bemerkte, doch war es zu spät. Bereits war ich dabei seine Schwingen in Flammen zu hüllen und sofort spürte ich, wie das Gewicht in meiner Klaue schwerer wurde. Ich entschied mich, meinen Gegner nicht fallen zu lassen. Ich brüllte laut, konzentrierte all meine Kraft in meine Klauen, packte ihn und warf ihn mit alle Kraft zurück in Richtung Erde, nicht ohne ihm einen Schwall Feuer hinterher zu speien.
Sasha nahm ihren Gegner derweilen auf ihre eigene Art auseinander, in einem recht sprichwörtlichen Sinne. Jeder ihrer Schläge und Tritte schlug gezielt einen Knochen aus dem Gerippe ihres Gegners, welcher seine Lufthoheit nicht auszunutzen schien. Womöglich war es ihm unmöglich Feuer zu speien, so dass er keinen Sinn darin fand, einen flugunfähigen Gegner die Chance zu geben, sich auszuruhen. Der Kampf zwischen den beiden endete jedenfalls abrupt, als unweit der beiden mein Gegner in den Boden schlug und ich mich in einem Überraschungsangriff auch Sasha Gegner entledigen konnte.
„Das Magma wird den Rest übernehmen.“ erklärte ich, nachdem ich die beiden Skelette in die nun überall austretende Erdflüssigkeit geschleudert hatte. „Ssaaa… Nur ändert das nichts an unserer Situation.“
„Kannst du endlich aufhören so pessimistisch zu sein!“
Inis, immernoch auf meinem Rücken, schlug ihre Faust gegen meinen Hals.
„Es gibt immer einen Weg, immer!“
Ich schnaubte und sah zu Sasha hinab, welche sich nun an meinen Körper lehnte. Sie hatte ihre Augen geschlossen und schien nachzudenken.
„D-Drache, was ist das da drüben?“
Inis war plötzlich an meinem Hals empor auf meinen Kopf geklettert und deutete in eine bestimmte Richtung an den Himmel. Ich erwartete, mehr Knochendrachen zu erblicken, doch was ich sah war vielleicht noch erschreckender. Risse, nicht die, wie sie sich durch den Erdboden zogen und Magma ausstießen, nein. Am Himmel öffneten sich unzählige große schwarze Risse. Auch Sasha sprang schließlich auf meinen Rücken, um diese besser sehen zu können.
„Flieg uns dort hin!“ befahl Sasha.
„Ssaaaa… Zu den Rissen? Aber…“
„Es ist die einzige Möglichkeit, die wir noch haben!“ warf Inis volle Vertrauen in Sasha ein.
Diese beiden Mädchen brachten mich noch um den Verstand... Sie waren so positiv eingestellt, so… ach, was solls. Ich spreizte meine Flügel. Den beiden zu wiedersprechen stand außer Frage, denn sie hatten Recht. Egal was diese Risse zu bedeuten hatten, das Schlimmste was sie für uns bedeuten konnten, war ein anderer Weg in unseren vorzeitigen Tod. Ich hob ab und flog dem Chaos entgegen bis ich plötzlich die Anwesenheit anderer spürte.
„Ssaaaa… Verdammt, wir haben Besuch.“
Fünf weitere lebende Gerippe waren hinter uns am Horizont aufgetaucht und holten schnell auf. Unter diesen Umständen würden wir nie unser Ziel erreichen. Ich stoppte und wandte mich den neuen Gegnern zu.
„Ssssaaaaaaaa… Warum mache ich sowas bloß?“ fauchte ich genervt und ließ dabei die beiden Mädchen an meinem Rücken im Ungewissen darüber, was ich meinte, und warum ich plötzlich gestoppt hatte.
„Flieg weiter!“ „Komm, Schuppenschädel!“
„Nein, es nicht genug Zeit. Ihr müsst ohne mich gehen.“
„Was für ein doofer Spruch ist das?!“ brüllte Inis und schlug mir auf den Rücken. Ich konnte es ihr nicht verdenken. Was ich vorhatte war dumm, jedoch…
„Es tut mir Leid… Ssaaa… und viel Glück.“
Ich pflückte die beiden mit meinen Klauen von meinem Rücken und fokussierte erneut all meine Kraft in meinen Vorderbeinen. Ohne länger zu zögern warf ich die beiden in die Richtung der entfernten Risse, hoffend, dass sie durch diese einen Ort erreichten, an dem sie dem Chaos entrinnen konnten. Für mich war dies keine Möglichkeit mehr. Die Gerippe hatten mich eingeholt.
Ich hatte nicht genug Kraft um sie alle zu bezwingen, so schloss ich meine Augen.
„Vleerdens, ich verstehe endlich, was du meintest. Ssaaa… Blind dem Ende entgegen zu blicken macht es viel erträglicher…“