-sanguinis-
Es sollte ein Tag für mich sein wie jeder andere. Ein Tag voller Hunger, Pein und Armut. Voller Staub der Straße und entferntem Gerede der Menschenmassen. In einem mittelalterlichen Dorf lebte ich als 7-jähriges Mädchen auf der Straße und kämpfte um mein Leben… doch warum kämpfe ich überhaupt um etwas so Unwichtiges? Seit meiner Geburt hatte mir jeder gesagt, ich sei zu nichts zu gebrauchen. Mein immer betrunkenen Eltern, die Leute auf der Straße, die mich wie deren Spielzeug behandelten, alle… währe der Tod nicht etwas Wünschenswertes gewesen? Ich hatte bis zu diesem Tag weitergekämpft, dann änderte sich Schlag auf Schlag alles.
Ich hockte an einer Wand, in deren Schatten, abseits der Straße, abseits den dort gehenden Leuten, abseits der prallen Mittagssonne, allem. Dort war es kühl und niemand würde mich bemerken, so dachte ich es mir. Dann hörte ich Schritte näher kommen. Erschrocken sah ich auf. Als mein Blick die Person erfasste, die sich mir genähert hatte, legte sich mir eine Klinge aus rotem Metall an den Hals und ich erstarrte vor Schreck.
„Der Tod…?“ murmelte ich erschrocken, mit dem festen Glauben, mein letztes Stündchen hätte geschlagen. Die Person, die dort stand war mir in nichts gleich. Nein, wir waren beide Mädchen, doch auch in diesem Punkt übertraf sie mich in jeder Hinsicht. Sie trug einen schwarzen Mantel aus teurem Stoff, ich zerrissene Fetzen. Sie hatte glänzende, blasse Haut, wie ich an ihren langen Beinen erkennen konnte, die unter ihrem Mantel hervor lugten,. Ich hingegen war dreckig, verstaubt und ungewaschen. Sie hatte langes, wenn auch ungekämmtes, schwarzes Haar, welches in der Sonne glänzte. Mein Haar hingegen war matt braun und wie alles andere an mir unansehnlich.
Auf meine Worte hin lachte das Mädchen herzhaft. Ihr e Stimme war, das erkannte ich sofort, unvergleichlich mit allem, dass ich je zuvor gehört hatte.
„Der Tod? Mädchen, willst du leben oder sterben, ich erfülle dir deinen Wunsch!“
Ihre Stimme war voller Emotionen und autoritär. Nicht wie meine Eltern, die niemals etwas anderes taten als mich zu schlagen oder mich anzuschreien. Nicht wie die Männer, die mir nachts keinen Schlaf ließen und mich nur beschimpften. Nein, die Worte dieses Mädchens forderten etwas. Eine Antwort. Meine Stimme. Sie wollte, dass ich etwas sage. Bisher hatte man nur von mir verlangt, vor Schmerz zu schreien, vor Wut zu schreien, vor Angst zu schreien. Dieser Moment war anders.
Während ich überlegte, spürte ich das kalte Metall des Schwerts des Mädchens an meinem Hals. Es war so scharf, dass eine leichte Berührung damit gereicht hatte, um meine Haut zu öffnen und ein kleines Rinnsal an Blut über meinen Hals fließen zu lassen. Als ich keine Antwort von mir gab, drückte sie die Klinge etwas tiefer in meine Haut - sie war so dünn, ich spürte sie nahezu nicht.
Leben oder Tod? Diese Frage hatte ich mir selbst gestellt. War mein Lebens es wert, weitergeführt zu werden, oder sollte ich die Chance nutzen und es kurz und schmerzlos enden lassen… nein… auch ein schwaches Mädchen wie ich konnte nicht einfach aufgeben…
„…leben.“
Ich hatte nur sehr leise gesprochen, es nur vor mich hingemurmelt, doch erkannte ich im Gesicht des Mädchens vor mir eine Reaktion. Ein schwaches Lächeln kam über ihre Lippen und ein scharfer Zahn kam an ihrem rechten Mundwinkel zum Vorschein.
„Ich kann dich nicht hören. Was hast du gesagt?“
Ich zweifelte, dass sie es nicht verstanden hatte, doch da ich sah, dass sie ihre Klinge immer noch nicht zurück zog wiederholte ich meine Antwort lauter.
„Ich will leben.“
Nun zog sich die Klinge von meinem Hals zurück und das Lächeln des Mädchens in dem schwarzen Umhang wurde zu einem breiten Grinsen, dann begann sie erneut herzhaft zu lachen.
„Gut! Sehr gut!“
Sie warf ihr Schwert neben mir auf den staubigen Boden. Ich blickte es aus den Augenwinkeln an, unsicher darüber, ob ich das Mädchen aus den Augen lassen sollte. Sekunden später kniete sie vor mir auf dem Boden und packte mich an den Schultern. Sie blickte mir in die Augen und ich erkannte wie hell die ihren wahren. Siemussten aus purem Gold bestehen, so glänzten sie.
„Mädchen, wie ist dein Name?“
Sie kam mir bei dieser Frage sehr nahe. So nahe, dass mir ein seltsamer Geruch in die Nase stieg. Der Geruch von einer Blumenwiese, vielleicht… Rosen? Abgesehen davon, hatte ich auf ihre Frage keine zufriedenstellende Antwort.
„…Ich habe keinen Namen, Miss.“
Ihre Augen weiteten sich dabei und sie zog ihr Gesicht etwas von mir zurück. Sie schien für einige Momente zu überlegen.
„Ah, was soll‘s.“
Ihr Lächeln kehrte stärker als je zurück.
„Dann werde ich dir eben einen Namen geben!“
Sie verkündete dies mit solcher Freude. Ich konnte nicht anders, als selbst ein Lächeln aufzusetzen. Als sie dieses bemerkte betrachtete sie mich genau, wohl nach einer Idee für einen Namen suchend… dann blieb ihr Blick an meinem blutenden Hals hängen.
„Sanguinis.“
Ich verstand nicht, was sie meinte und legte meinen Kopf etwas zur Seite. Sie verstand meine Geste und strich mir mit ihrem Zeigefinger über meinen Hals, über die Wunde, die sie mit ihrem Schwert hinterlassen hatte und hob den blutverschmierten Finger vor mein Gesicht. Ich mochte den Anblick nicht.
„Sanguinis, Latein für Blut.“ erklärte sie. „Daraus werden wir deinen Namen machen! San… Inis! Inis, was hältst du von diesem Namen?“
Mir gefiel nicht, wie sie auf den Namen kam, doch klang er nicht schlecht. Er schien ihr zu gefallen und er störte mich nicht. Ich nickte daher leicht zustimmend.
Das Mädchen schleckte sich mein Blut von ihrem Finger und zog mich dann an sich. Nahezu gierig kam sie mir vor, als sie ihren Kopf an meinen Hals legte und mein Blut von der Wunde leckte. Ich hätte mich gewehrt, doch war ich zum einen überrascht und zum anderen… fühlte es sich zu gut an… ich wollte nicht, dass es mir gefiel, doch es tat. Ihre Zunge war sanft und weich, in keinster Weise rau, sondern geschmeidig. Erst als ich ein genüssliches Seufzen von mir gab schien das schwarzhaarige Mädchen zu realisieren was sie tat und stoppte.
Sofort ließ sie von mir ab, packte ihr Schwert und stand auf. Als sie dann auf mich herab blickte bemerkte ich die leichte Röte in ihrem Gesicht und fragte mich, ob sich eine ebensolche in meinem zeigte. Das Mädchen lächelte mich an, als ihr Schwert sich plötzlich in roten Funken auflöste und verschwand. Das hatte mich überrascht und wieder aus meinen Gedanken bezüglich der gerade vergangenen Situation gerissen.
„W-was? Wie hast du das gemacht?“
Als hätte sie erwartet, dass ich so reagieren würde, lachte sie und legte ihre Hände an meine Hüfte. Mit einem Ruck hob sie mich hoch, als wäre ich eine Feder und warf mich über ihre Schulter.
„Ein anderes Mal vielleicht.“ antwortete sie mir und trat mit mir aus dem Schatten der Wand auf die belebte Straße.
Wir zogen viele Blicke auf uns, was wohl zu erwarten war, doch konzentrierten sich diese nicht auf mich, sondern auf das Mädchen, welches mich trug. Die Augen aller schienen auf sie gezogen zu werden, war es nun ihr Gesicht oder ihre Beine, solange sie nur ihre blasse, offengelegte Haut mit ihren Blicken erhaschen konnten, waren sie wie in Trance gefallen. Das Mädchen jedoch schien davon völlig unbeeindruckt, wohl gewöhnt daran, von Männern und Frauen zu gleicher maßen angestarrt zu werden.
Nach einem Fußmarsch von knapp zehn Minuten erreichten wir dann ein einfach wirkendes Haus. Mit einem leichten Tritt öffnete das Mädchen die Tür und trug mich hinein, wo wir sogleich einem älteren, dicken Mann gegenüber standen.
„Ich habe mir für heute Nacht etwas Gesellschaft besorgt. Ich hoffe es stört dich nicht, Bard.“
Der Mann namens Bard blickte zu mir auf und dann wieder zu dem Mädchen, das mich trug.
„Mach was du willst, Weib. Was mir wichtig ist, dass du endlich deine Rente zahlst. 200 Gold.“
Erneut begann das Mädchen in ihrer herzhaften Art zu lachen, was den Mann dazu veranlasste zwei Schritte von ihr zurück zu treten.
„Du lässt nicht locker, was? 200 Gold für diese schäbige kleine Unterkunft. Bitte, du sollst sie haben!“
Sie steckte ihre freie Hand unter ihren Mantel und zog sogleich einen Geldbeutel hervor, den sie dem Mann zuwarf.
„Da, 400 Gold, jetzt nerv mich bitte nie mehr mit diesen Nebensächlichkeiten.“
Der Mann blickte den gewichtigen Geldbeutel in seinen Händen mit großen Augen an, dann grinste er jedoch schief.
„In zwei Monaten wieder, Miss.“ waren seine Worte, als er sich wegdrehte und in einer Tür verschwand. Wir jedoch schienen ein anderes Ziel zu haben. Eine knarrende Treppe führte uns ein Stockwerk höher, wo wir durch eine Tür in ein recht heruntergekommenes Zimmer traten. Es war die 200 Gold wirklich nicht wert. Böden aus Holz, Decke und Wände aus unbekleidetem Stein. Es hatte gerade mal einen Stuhl, einen Tisch, ein Bett, einen kleinen Schrank, eine Feuerstelle, an der man Kochen konnte und einen offenen Wasserschlauch mit einem Abfluss zu bieten, letzterer diente wohl als Waschbecken, Dusche und Bad zugleich. Toilette gab es keine in dem gemietet Zimmer. Dieses teilte man sich wohl mit den anderen Bewohnern des Gebäudes.
Hier setzte mich das Mädchen wieder ab, woraufhin ich mich staunend umsah. Es war lange her, dass ich einen Wohnraum betreten hatte. Auch wenn das Zimmer in jeder Hinsicht schrecklich war, mir kam es vor, wie das Zimmer einer Prinzessin.
„Mach dir keine Sorgen um Bard. Er ist nur ein geldgieriger Hausvermieter, der seine kranke Mutter am Leben erhalten will. Er tut dir nichts.“
Die Worte des Mädchens zogen meine Aufmerksamkeit wieder von dem Zimmer. Sie hatte Recht damit, dass der Mann mir nicht geheuer gewesen war, doch glaubte ich ihr. Ich drehte mich wieder zu ihr um und sah, wie sie gerade ihren Mantel ablegte.
„Wa- wa- wa- wa-.“
Ich konnte mein Erstaunen nicht zurück halten, doch wusste ich nicht so recht, worüber ich erstaunt war. War es ihr nun frei fallendes, langes, schwarzes Haar, ihr perfekter Körper mit dessen strahlend blasser Haut oder der Fakt das sie unter ihrem Mantel nichts anderes getragen hatte?
„Huh? Was ist los?“
Sie schien definitiv ebenso wenig Ahnung davon zu haben, warum ich erstaunt war. Zumindest nicht sofort. Nach dem sie meinen Blicken gefolgt war, dämmerte es ihr, was sie erneut zu einem Lachen anstimmte.
„Du tust als hättest du noch nie eine nackte Frau gesehen, Inis.“
Sie grinste breit und kam näher auf mich zu. Während des Gehens streifte sie ihre Schuhe von ihren Füßen ab und bevor ich es erahnen konnte kniete sie vor mir, ihre Augen tief in die meinen blickend. Ihre goldenen Augen… unter deren Blick fühlte ich mich wie die Passanten auf der Straße, in Trance, ohne eine Möglichkeit, meinen Blick von ihr zu wenden. Ihre Hände schoben sich unter meine unansehnliche Kleidung und ohne viel Zeit zu verlieren hatte sie mich von dieser befreit.
Üblicherweise hätte ich in einer solchen Situation einen Laut von mir gegeben, doch ihre Augen hatten mich gefesselt und ihre kalten, blassen Hände hatten sich unter meine Achseln gelegt. Mit erneuter Leichtigkeit stand sie wieder auf und hob mich in die Höhe, drückte mich dabei an sich und trug mich dann in die Richtung des Wasserschlauches. Sekunden später sprühte kaltes Wasser über unsere Körper, befreite mich vom Staub der Straßen, welcher mich so lange begleitet hatte. Die Kälte des Wassers machte mir nichts aus. Verglichen mit der Kälte des Körpers, an den ich gedrückt wurde, war es warm. Dieses Mädchen war wie nichts, dass ich je gesehen hatte.
Nach der Dusche hatte sie mich ins Bett gelegt. Erst in diesem Moment kam es über mich, was passiert war, dass ich nackt war, dass ich sauber war und mit einer schnellen Bewegung zog ich die Bettdecke, welche wirklich nicht mehr war als ein dünnes weißes Leinentuch, über mich, bis über meine Nase, gerade so, dass meine Augen noch über diese hinaus lugten, um das Mädchen zu beobachten. Sie legte nun ihre wild verstreuten Schuhe in die Nähe der Tür und hängte ihren Mantel über die Lehne des einzigen Stuhls. Als nächstes nahm sie die Kleidung, die sie mir zuvor ausgezogen hatte und mit dieser in ihren Händen blickte sie in meine Richtung. Ein Grinsen, breit und leicht unheimlich, zeichnete sich auf ihrem Gesicht ab, als sie meine Kleidung in die Feuerstelle warf. Ich zog mein Leintuch herunter, um sie mit einem Schrei von dem, was sie sicher vorhatte, abzuhalten, doch brachte ich keinen Ton heraus. Immernoch blickte sie mich an, als ich mit offenem Mund da saß. Nun wurde ihre Grinsen zu einem milden Lächeln, als sie ein Streichholz aus einer Schachtel am Tisch zog und mit diesem ein Feuer entfachte in welchem sie mein einziges Hab und Gut vernichtend. Ich beobachtete, wie es verbrannte, als das Mädchen etwas zu kochen begann. Je weniger von meinen Fetzen übrig war, desto leichter viel es mir, dem Feuer zuzusehen. Als es völlig verbrannt war, sprach das Mädchen zu mir, ohne mich anzusehen, doch mit einem autoritären Unterton.
„Das war deine Vergangenheit. Denk niemals wieder daran.“
Ich schluckte. Ja. Innerhalb kurzer Zeit hatte sich mein Leben verändert. Ich lebte jetzt nicht mehr auf der Straße. Ich war nicht mehr gekleidet in Fetzen und Staub. Ich war frei.
Etwas später war das Essen fertig. Ich musste nicht aufstehen, denn das andere Mädchen brachte es mir ans Bett. Es war eine Suppe mit ein wenig Wurst darin. Kein Festmahl, jedoch mehr als ich mir auf der Straße je hätte wünschen können. Das Mädchen setzte sich zu mir auf die Bettkante und begann aus ihrer Suppe zu löffeln. Zwei Mädchen, nackt, frei, und eine Schüssel Suppe.
„Sasha.“
Ich sah von meiner Suppe auf, als das Mädchen plötzlich etwas sagte.
„Was?“
„Sasha. Mein Name.“ erklärte sie, ohne mich dabei anzusehen. „Du hast nie danach gefragt.“
Ich sah das Mädchen… nein, ich sah Sasha an. Sie war definitiv eine Jahre älter als ich, mehr wie eine große Schwester, als eine Mutter. Erst jetzt, wo ich ihren Namen kannte, fühlte ich mich ihr Nahe. Sie erschien mir als eine Person, an deren Seite ich bleiben mochte.
„Sa…sha…“ wiederholte ich ihren Namen langsam, um ihn nicht falsch auszusprechen. Sie blickte mich aus ihren Augenwinkeln dabei an, erst lächelnd, dann leise kichernd und dann in ihr Markenzeichenlachen ausbrechend.
„Ja, Sasha, aber du kannst mich auch Sasi nennen, wenn du willst.“
Ich schüttelte daraufhin sofort energisch meinen Kopf.
„Nein! Nein das werde ich nicht! Sasha ist Sasha! Sasha ist ein schöner Name!“
Das Mädchen erstarrte, Röte in ihren sonst blassen Wangen. Sekündlich lachte sie erneut, herzhaft, glücklich, und ich stimmte mit ein.
Nach dem Essen hatte Sasha das Geschirr sofort abgewaschen und zum Trocknen auf die Fensterbank des einzigen Fensters des Zimmers gestellt. Draußen war es bereits Abend geworden und ich, die so lange nicht mehr in einem Bett gelegen hatte, wurde langsam schläfrig. Sasha hatte dies erkannt und kam an meine Seite. Erneut blickten ihre Augen tief in die meinen, als sie sich neben das Bett hockte und ihre Hand unter meine Kinn legte und leicht meine Wange streichelte.
„Schlaf, Inis. Du hast es verdient.“ flüsterte sie mir zu und gab mir einen Kuss auf meine Lippen. Einen seltsamen Kuss, bei dem sie ihre Zunge zwischen meinen Lippen hindurch presste und meine Zunge mit dieser umspielte. Es war seltsam, so versuchte ich dieser auszuweichen, wobei ich mit meiner Zunge das Innere ihres Mundes ertastete. Als ich das tat erinnerte ich mich an eines der ersten Male, an denen sie mich angegrinst hatte. Sie hatte dabei einen scharfen Zahn in ihrem Mundwinkel gezeigt. Ich tastete mit meiner Zunge nach diesem, doch als ich kurz davor war, ihn zu berühren, zog Sasha ihren Kopf zurück und beendete den Kuss. Immernoch blickte sie mich an… dann schlief ich ein.
Als ich am nächsten Morgen erwachte, spürte ich Sashas warmen Atem in meinem Nacken und deren Körper an meinem Rücken. Ihre Hände hatten sich unter meinen Achseln hindurch vor meinem Oberköper verschränkt. Ein schwarzer Vorhang verdeckte das Fenster, doch sogar durch diesen brach genug Licht hindurch, um zu erkennen, dass sie Sonne bereits aufgegangen war. Ich fühlte mich nicht in der Lage, das Mädchen hinter mir zu wecken, so schloss ich meine Augen erneut und versuchte weiterzuschlafen. Als ich erneut erwachte war Sasha von meinem Rücken verschwunden und erneut am Kochen. Sie ansehend, fragte ich mich, ob sie niemals Kleidung trug, wenn sie sich in ihrem Zuhause befand. Im Grunde war es egal… ich streckte mich, gähnte und stand auf. Mich somit bemerkend drehte Sasha sich zu mir um.
„Guten Morgen, Sonnenschein. Es ist bereits nach Mittag.“ ließ sie mich freudig wissen und musterte mich von Kopf bis Fuß. Als ich bemerkte, was sie tat dauerte es knapp eine Sekunde, bis ich mich wieder im Bett verkrochen habe, dieses Mal wie eine Mumie verhüllt im Bettlaken.
„Jetzt sei doch nicht so. Wir sind beide Mädchen, oder?“
„Du bist blöd.“
„Ohoho. Komm wieder raus, oder ich komm dich holen.“
„Bleib weg.“
Ich spürte, wie sie an die Seite des Bettes trat. Sie legte ihre Hände um das eingehüllte mich und mit einer kräftigen Handbewegung rollte sie mich aus, so dass ich schließlich auf dem Bett lag und sie die Decke in ihren Händen hielt.
„Ich hab dir was gekauft, also komm endlich aus dem Bett.“
Bei diesen Worten wurde ich hellhörig. Sasha hatte etwas für mich und es war wunderbar. Es war ein einfaches Kleid aus billigem Stoff, in hellem Braun, und ein Paar Unterwäsche. Es war nichts besonderes, doch freute ich mich immens darüber. Sie hatte offensichtlich mitbekommen, dass ich im Gegensatz zu ihr nicht komfortabel damit war, die ganze Zeit nackt herum zu rennen und haate sich dem gefügt, während ich geschlafen hatte.
„Danke.“
Sasha lächelte mich an und kratzte sich zufrieden am Kinn.
„Zieh es schon endlich an.“ sagte sie nur noch und drehte sich wieder zum kochenden Essen hin. Es war unnötig zu sagen, dass die Kleidung, die Sasha für mich ausgesucht hatte mir genau passte. Sie sagte es stünde mir großartig und auch wenn sie damit übertrieben hatte wollte ich ihr nicht wiedersprechen. Glückliche Zeiten sollten definitiv für mich folgen.
Drei Monate waren dann vergangen, in denen ich und Sasha nun zusammen lebten. Ich hatte herausgefunden, dass sie eine Reisende war, die niemals lange an ein und demselben Ort blieb. Kurz nachdem wir uns kennen gelernt hatten, hatten wir das Dorf verlassen, in dem unsere erste Begegnung stattgefunden hatte. Der Grund dafür war gewesen, dass es in dem Dorf plötzlich zu Unruhen gekommen war. Ich hatte unser Zuhause nur selten verlassen, so waren es nur Sashas Worte, die mich über die Situation informierten. Sie erklärte mir, Personen wären verschwunden, also sollten wir verschwinden, bevor man uns verschwinden ließe. Ich hatte dem nichts einzuwenden. Das Dorf war immerhin auch nur ein weiterer Teil meiner Vergangenheit, den ich vergessen wollte.
Auf unserer Reise seitdem haben wir lange Stopps in Dörfern gemieden. Wir blieben meist nur ein oder zwei Nächte, bevor wir weiterzogen.
„Wohin gehen wir diesmal?“
Eine Stunde, nachdem wir ein weiteres Dorf früh morgens verlassen hatten, stellte ich diese Frage.
„Der Vermieter unseres letzten Gasthauses sagte etwas von einem größeren Dorf im Norden. Es ist bekannt für seine Schmiedekunst. Wenn es ist, was ich glaube, dann dürfte dort eine lange Suche ihr Ende finden.“
„Suche?“
„Ja, schon bevor ich dich kennenlernte, habe ich von einem berühmten Schmied gehört. Ich wollte ihm gerne etwas zeigen. Wenn ich Glück habe, lebt er in diesem Dorf.“
„Dein Schwert?“
Ich erinnerte mich an die hauchdünne Klinge aus rotem Metall, die Sasha wie aus dem nichts heraufbeschwören und verschwinden lassen konnte. Sie war eine von den Dingen, die mir noch unbekannt über meine Begleiterin waren. Des Öfteren hatte sie die Klinge gezogen, seit ich mit ihr reiste, wenn Banditen uns attackierten oder sie im Wald auf Jagd ging. Immer hatte sie das Schwert mit fehlerloser Leichtigkeit geführt und niemand hatte es stoppen können. Sogar die Schwerter und Messer der Banditen durchschnitt es so makellos wie deren Haut, Fleisch und Knochen.
„Ja, du hast es erfasst.“
Ihre Antwort war kurz und bündig. Sie sprach nicht fühl über ihre Vergangenheit und ich war mir sicher, diese Klinge spielte eine Rolle darin. Sie hatte mich von meiner Vergangenheit getrennt. Ich war in keiner Position, sie an die ihre zu erinnern.
Zwei Tage später erreichten wir das Dorf, von dem uns erzählt worden war und tatsächlich, als wir die Straßen entlang gingen hallte das Geräusch von Hämmern, die auf warmes Eisen schlugen, von allen Richtungen in unserer Ohren wieder.